Apropos: GEMA-Kritik mit der Ressentimentkeule
Pro Urheberrecht: Manfred Gillig-Degrave
Immer mal wieder fordert jemand, das geltende Urheberrecht müsse sich neuen Geschäftsmodellen der digitalen Welt anpassen. Doch grundsätzlich gilt: Auch der kühnste Visionär sollte die real existierenden rechtlichen Rahmenbedingungen nicht ignorieren.
Natürlich sind Recht und Gesetz keine starren Konstrukte für alle Ewigkeit, sondern entwickeln sich aus praktischer Handhabung und Diskurs zwischen divergierenden Interessen weiter. Konfliktträchtig wird es jedoch, wenn unterschiedliche Zeitschienen aufeinander treffen: In der digitalen Welt laufen die Prozesse halt viel schneller ab als, zum Beispiel, ein Gesetzgebungs- oder auch ein -änderungsverfahren.
Auch Anpassungen der
GEMA-Geschäftsordnung brauchen Zeit für Abstimmung und Umsetzung, und das ist gut so, selbst wenn es dadurch in der schlecht informierten Öffentlichkeit ab und zu Irritationen geben mag. Wer die GEMA deshalb womöglich mit einer Behörde wie der
GEZ vergleicht oder ihren Mitarbeitern Beamtenmentalität unterstellt, offenbart bestenfalls Unkenntnis und schlimmstenfalls diffamierende Bösartigkeit.
Selbstverständlich gibt es oft genug berechtigte Anlässe für Kritik - es wäre unheimlich, würde ein solcher Apparat völlig geräusch- und reibungslos funktionieren. Am Ende bleibt indes festzuhalten: Die GEMA vertritt die Interessen der Urheber, weil sie eine Organisation der Urheber ist. Gäbe es sie nicht, stünden die Urheber weitgehend ohne gesichertes Einkommen, wie gering auch immer, da.
Und es ist im ureigenen Interesse der Urheber, mithin der GEMA, dass sich ihre Verwertungsgesellschaft flexibel auf alle neuen Nutzungsmöglichkiten und Verwertungsformen einstellt. Dass sie das kann, beweist die GEMA immer wieder, und zum Glück ist sie eine starke Organisation.
Eine solche Organisation tut gegenüber digitalen Weltkonzernen aus den USA mehr denn je not. Wer sich zum Urheberrecht europäischer Prägung bekennt, sollte also redlicherweise auch die Arbeit der GEMA anerkennen und nicht bei jedem Seniorensingen die Ressentimentkeule auspacken.
Manfred Gillig-Degrave
Chefredakteur MusikWoche
manfred.gillig@musikwoche.de
Quelle: MusikWoche
Mit einem Abo können Sie diesen Artikel kommentieren.
KOMMENTARE
Nero Entertainment Hamburg
09.06.2015, 10:08
Lieber Manfred, auch wenn ich mich mal wieder unbeliebt machen muss, so muss ich dir mitteilen, dass du leider vollkommen Unrecht hast. Wer einmal eine Hauptversammlunfg der ordentlichen Mitglieder der GEMA miterlebt hat entwickelt zwangsläufig wohlwollendes Verständnis für die Ressetimentskeule bis hin zur Lammkeule. Es ist nunmal eine traurige Wahrheit, dass man erstarrte Institutionen nicht mit einem freundliche Bitte dazu bringt notwendige Reformen einzuleiten (Blatter, Unfaires Punktesystem, U-E, Tarife etc..). Es ist auch nicht Urheber gleich Urheber bei der GEMA - und ich wäre in der Tat dankbar, wenn die GEMA eine Urheber Organisation wäre. Muss ich dich an die Verlage erinnern? Welche urheberische Leistung erbingen die denn?
Sicher brauchen wir mehr denn je eine Urheberrechtsorganisation, aber keine, die auf einer Berechtigtenversammlung mit einer Schwadron von Anwälten aufläuft und jeden Versuch einer Veränderung erstickt. Alles rein formal natürlich - und die Herde läuft brav mit. Ich habe nicht das Gefühl, dass die GEMA sich ändern möchte. Solange die interne Akzeptanz und der Respekt nicht wiedererlangt sind, wird das auch mit dem internationalen Auftritt nix.